Bonn macht „Weiter So“ in die Schuldenfalle

Von | 14. Dezember 2016

70 Millionen für ungültigen WCCB-Vertrag?

Acht Stunden tagte – oder besser nächtigte der Stadtrat am 8. Dezember von 18 Uhr bis 1:45 Uhr am 9.12. Der OB allerdings entschuldigte sich um 22 Uhr, er flog nach Rom zur Flüchtlingskonferenz von Oberbürgermeistern. Solche internationalen Kontakte sind gerade für eine UNO-Stadt wie Bonn wichtig. Aber wäre die Diskussion des Rekorddefizits nicht eine Verspätung in Rom wert gewesen? Es passte jedenfalls zu der Sitzung. Auch sonst gab es eine Reihe von Denkwürdigkeiten.

Denkwürdigkeit 1: Debatte um 70 Millionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplant
Da wollte doch tatsächlich die Stadtspitze die Diskussion, ob die Stadt nun gemäß gerichtlichem Vergleichsvorschlag 70 Millionen Euro aus Bürgschaftsvertrag zum WCCB an die Sparkasse Köln-Bonn zahlt, im Stadtrat gänzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen! Die Allianz für Bonn widersprach und beantragte öffentliche Debatte. Ganze zwei Stunden vor Sitzungsbeginn lenkte der OB ein und kündigte eine Vorlage für die öffentliche Sitzung an. Allerdings nach der Haushaltsdebatte, obwohl das ja nun ein riesiger Haushaltsbrocken war.

Hierbei fehlte es der Stadtspitze doch ganz erheblich an politischem Gespür. Über die Vergleichsinhalte hatte sowieso schon der GA berichtet. Und wessen Privatsphäre war hier denn zu schützen, die der Sparkasse, die den Städten Köln und Bonn gehört?

AfB-Fraktionsvorsitzender stellte zu Beginn der Ratssitzung in seiner Rede klar:

Die Stadt hat durch den WCCB-Skandal nicht nur eine große finanzielle Last zusätzlich, sondern auch einen erheblichen Renommee-Verlust erlitten. Vertrauen lasse sich nur durch Offenheit und nicht durch geheime Debatten wiedergewinnen.

Der Vertrauensverlust ist entstanden, weil man

den Bürgern zumutete zu glauben, dass niemand für das Desaster verantwortlich sei,
den Bürger zumutete zu glauben, dass die damalige Oberbürgermeisterin Dieckmann von nichts wusste, obwohl sie sonst alles wusste,
den Bürgern zumutete zu glauben, dass ein Professor Doktor als Stadtkämmerer nicht recht gemerkt habe, was er unterschrieb, als er die Bürgschaft ohne Auftrag des Stadtrates unterschrieb,
den Bürgern zumutete zu glauben, dass er hinreichend sorgfältig gewesen sei, obwohl er nicht wie allgemein üblich bei Vertragsänderung die Rechtsabteilung gefragt hat.

Das alles widerspricht meiner Lebenserfahrung. Und ich habe mir angewöhnt nur noch zu glauben, was auch plausibel ist.

Deshalb ist nun eine öffentliche Debatte nötig.

Hierzu gab es von einigen anderen Fraktionen deutliche Zustimmung.

Als der Rechtsdezernent später die Nichtöffentlichkeit verteidigte, widersprach Rosendahl. Es sei Pflicht der Stadt gewesen, den Prozessgegner – auf eigene Initiative, spätestens nach Vorliegen des AfB-Antrages – vorab zum Einverständnis für eine öffentliche Debatte zu bringen, ggfs. durch Gespräch mit der Kölner OB.

Denkwürdigkeit 2: Entscheidung über 70 Millionen weit nach Mitternacht

Obwohl es um 70 Millionen Euro für den WCCB-Vergleich mit der Sparkasse ging, entschied der Rat darüber erst nach Feststellung des Haushalts 2017/18. Man war sich seiner Mehrheit eben schon sicher. Viele Ratsmitglieder hörten zum ersten Mal von den schwierigen juristischen Einschätzungen und waren auch schon müde. Aus den Fragen war z.T. Unsicherheit der Einschätzung zu entnehmen. Deshalb wäre es richtig gewesen, man hätte gemäß unserem Antrag zuerst über die wichtige Einzelheit diskutiert und entschieden. Aber genau das war eben von der Stadtspitze und Mehrheitskoalition nicht gewollt.

Mehr zu Problematik folgt in separatem Beitrag.

Denkwürdigkeit 3: Rekord beim Verschuldungsanstieg

Allen Beteuerungen zum Trotz, dass nun aber gespart werden müsse, weil die Verschuldung der Stadt in gefährlichen Höhen sei und bald auf über zwei Milliarden Euro steige, beschloss die Koalitionsmehrheit einen weiteren Rekord der Neuverschuldung von rd. 200 Millionen. Alle bisherigen Pläne, bald einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sind stets Makulatur geblieben, die Ziele wurde in weitere Ferne verschoben und statt Konsolidierung[nbsp] gab es stets Verschlimmerung.

Und nun soll noch ein Mensch an die neuen schönen Prognosen für die Zukunft glauben?

Der frühere Stadtkämmerer Prof. Sander hatte noch im Juni, kurz vor seiner Pensionierung, bei Vorlage des Haushaltsentwurfes gefordert, die Stadt müsse der Konsolidierung eine höhere Priorität einräumen. Stimmt!

Mehr dazu im Beitrag Haushaltsrede von Dr. Bachem und in einem Beitrag zu Einzelfragen des Haushaltes, die folgen.

HFR