Bio-Einweg-Plastikbecher – nichts als Plastik

Von | 11. Mai 2017

Die Allianz für Bonn hatte einen Antrag im Umweltausschuss gestellt, mit dem erreicht werden sollte, dass die Stadtwerke Bonn zukünftig keine Einweg-Plastikbecher mehr benutzen, um Trinkwasser auf öffentlichen Festen auszuschenken. Bei einem Verzicht würden so 200.000 Plastikbecher pro Jahr eingespart. Der Antrag enthielt die Aufforderung an die Verwaltung, die Stadtwerke um alternative Konzepte zu bitten und diese dem Ausschuss in einer späteren Sitzung vorzustellen (siehe unten b).

Der Ausschuss schloss sich inhaltlich unserem Anliegen an. Wie oft üblich hatte die Koalition dabei den fremden Antrag plagiiert, um ihm dann in ihrer Version leichter zustimmen zu können. Wir nehmen das Kompliment!

Die Stadtwerke hatten in der Diskussion um das von uns aufgeworfene Problem behauptet, dass sie „Verantwortung rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ übernehmen würden, wenn sie 200.000 Trinkbechern bei der kostenlosen Trinkwasservergabe pro Jahr verbrauchen. Die Trinkbecher würden aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und wären außerdem kompostierbar.

Was ist von der angeblichen ökologischen Unbedenklichkeit der Einweg-Plastikbecher aber zu halten?

Nehmen wir das Argument, dass sie aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden und damit klimaneutral seien. Hierzu muss man die gesamte energieverbrauchende Produktionskette betrachten.

  • Der biologische Ausgangsstoff für die „Bio-Plastikbecher“ ist die Maisstärke. Der Mais wird als nachwachsender Rohstoff angebaut. Dazu werden landwirtschaftliche Maschinen, jede Menge Dünger und Pestizide eingesetzt, die alle zusammen sehr viel Energie bei Betrieb bzw. Herstellung benötigen.
  • Aus der Maisstärke erzeugen Milchsäurebakterien unter Energieverlust Milchsäure.
  • Die Milchsäure wird unter Energieeinsatz polymerisiert zu Polylactid, einem langkettigen Molekül. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass man für 1 Tonne Polylactid 2,5 Tonnen Maisstärke benötigt.
  • Unter Energieaufwand muss das Polylactid verflüssigt werden und in die Endproduktform, z.B. Trinkbecher, gegossen werden.
  • Die Trinkbecher werden in Gebinde verpackt und unter Energieverbrauch in Lastwagen an den Kunden geliefert.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass für die einzelnen Produktionsschritte eines Plastikbechers mehr Energie nötig ist, als in chemisch gebundener Form in ihm letztendlich enthalten ist. Und dieser Energieverbrauch während der industriellen Verarbeitung stammt nur zu einem geringen Teil aus regenerativen Energiequellen.

Darüber hinaus ist es moralisch fragwürdig, dass fruchtbarer Ackerboden für die Plastikbecherproduktion genutzt wird, die nur unserer Bequemlichkeit dienen, während in anderen Ländern Menschen hungern.

Die zweite Bio-Lüge betrifft die angebliche Kompostierbarkeit. Bereits 2012 hatte Jürgen Resch, Gründer der Deutschen Umwelthilfe, diesen Greenwashing-Trick der Industrie aufgedeckt. Er ließ bei den Kompostierwerken nachforschen und erfuhr, dass das „Bioplastik“ gar nicht verrottet. Um das „Bioplastik“ in einer vertretbaren Zeit verrotten zu lassen, wären sehr aufwendige und energieverbrauchende Kompostieranlagen nötig, die es aber nicht gibt.

Fazit: Die Stadtwerke, die sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben haben, sollten sehr wohl Alternativen zu den umwelt- und klimaschädlichen Plastikbechern für die Trinkwasserausgabe sorgfältig prüfen.

Elisabeth Struwe
Bezirksverordnete Bonn und Mitglied für die Allianz für Bonn im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz