ENDE UND WENDE

RESÜMEE

Von | 25. Oktober 2020

Unsere Fraktion endet mit der Kommunalwahlperiode am 31.10.2020. Als Mitglieder der früher primär wirtschafts- und finanzpolitisch orientierten AfD waren wir im September 2014 in den Rat gewählt worden und eroberten, wenn auch knapp, drei Sitze und damit Fraktionsstatus. Natürlich war uns klar, dass wir in der Kommune keine Euro-Kritik-Politik wie in der Partei auf Bundesebene machen könnten, sondern dass wir uns auf kommunalpolitisch relevante und beeinflussbare Themen zu beschränken hatten. Wir wollten keine Fundamentalopposition machen, wie man es von der heutigen AfD in Parlamenten auf Landes- oder Bundesebene gewohnt ist, sondern konstruktiv mitarbeiten und dabei unsere bürgerlichen Grundsätze im Auge haben. Nach der Wende der AfD zu einer mehr nationalistisch orientierten Partei haben als Stadt- und Bezirksverordnete unseren Austritt aus der AfD erklärt.  Seitdem waren wir, ein seltenes Unikum, eine parteiunabhängige Fraktion was für die kollegiale Akzeptanz im Rat sicher kein Nachteil war. In dieser Formation konnten wir zur Kommunalwahl 2020 nicht mehr antreten und wollten aber auch mehrheitlich nun aus Altersgründen in den politischen Ruhestand gehen.

Im Rückblick stellen wir fest, dass wir bei den großen Entscheidungen dieser Wahlperiode richtig abgestimmt haben, d.h. für die sachlich richtige Lösung bzw. bei sachlich vertretbar strittigen Fragen im Sinne des mehrheitlichen Bürgerwillens.

 

Bahnhofsvorfeld – Den Verkauf des städtischen Grundstückes haben wir abgelehnt, ebenso die monumentale Bebauung. Wir forderten zunächst ausreichend Verkehrsraum zu planen für motorisierten Verkehr, den ÖPNV, Fahrradfahrer, Fußgänger und ZOB zu planen sowie einen schönen City-Eingangsplatz vorzusehen. Wie schlecht die Verträge ausgearbeitet waren, haben wir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erkennen können. Er bestätigt jedoch die Richtigkeit unserer grundsätzlichen Entscheidung.

Eine von uns vorgelegte Idee, vor dem Hauptbahnhof ÖPNV und Autoverkehr in den Untergrund zu verlegen und die Oberfläche für Fußgänger und Radverkehr vorzubehalten, was in der Düsseldorfer Innenstadt mit großem Erfolg praktiziert wurde, war in Bonn zu revolutionär, um überhaupt ernsthaft diskutiert zu werden.

 

Beethovenhalle – Wir lehnten angesichts der hohen Verschuldung der Stadt eine große Modernisierung für über 60 Mill. Euro ab und plädierten für eine sparsame 30 Millionen Renovierung. Damit wäre es auch nicht zu den riskanten Eingriffen in die Fundamente und die darunter liegenden Kriegstrümmer gekommen, die maßgeblich für die drastische Zeitverzögerung und Verteuerung verantwortlich sind.

 

Viktoria-Karree – Wir stimmten dem Bürgerbegehren zu und verhinderten damit bei einer knappen Entscheidung mit den Stimmen unserer Fraktion den Verkauf der städtischen Grundstücke an den Signa-Konzern für weitere Ladenflächen, die die Stadt heute gar nicht mehr braucht, was für uns auch schon damals angesichts der Zunahme des Online-Handels absehbar war. Damit wurde wohl eine weitere Fehlentscheidung in Bonn verhindert und die Option für organisch in die Stadtstruktur passende Entwicklung offen gehalten.

Die Chance dazu ergab sich – Corona-Folge – noch in der letzten Ratssitzung im September 2020. Wir stimmten – mit allen anderen Fraktionen – für den Ankauf der Signa-Grundstücke im Viktoria-Karree durch die Stadt, wie es ähnlich auch in anderen Kommunen geschieht, und beantragten dazu unsererseits die Einleitung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme in diesem Bereich, die vom Stadtrat mit Mehrheit beschlossen wurde.

 

Komplex Brassertufer – Auch hier waren wir gegen einen Verkauf des städtischen Filetgrundstücks an einen Investor für ein weiteres Hotel und stattdessen dafür, dieses für ein mögliches Kulturzentrum in Reserve zu halten, zumal die Fragen der Sanierung von Oper und Theater sowie verschiedenen Hallen noch vollkommen offen war und ist.
Einzelne Vorentscheidungen zu treffen, ohne ein Konzept für die Gesamtheit der anstehenden Aufgaben halten wir für einen grundsätzlichen Fehler der Bonner Politik.

 

Wasserland-Zentralbad – Wir stimmten gegen die Pläne zum Bau eines Wasserland-Spaßbades, da die 60 Millionen Euro geplanter Kosten hierfür mit der Haushaltslage der Stadt nicht in Einklang zu bringen waren. Andererseits plädierten auch wir dafür, dass in den verschiedenen Stadtbezirken weiterhin je ein Hallenbad zur Verfügung steht, wie es offenbar dem Bürgerwillen entspricht.

 

Bebauung Melbbad – Wir sind gegen eine Bebauung des Melbbades. Das Melbbad ist eine wunderschöne grüne Freizeitlandschaft an der Trierer Straße, umgeben von Bäumen. Wir sind dagegen, die Bäume entlang der Trierer Straße abzuräumen und stattdessen einen mächtigen Baukörper dorthin zu setzen. Das grüne Fenster in das Melbtal würde verschwinden.

Das Melbbad ist bedauerlicherweise von einigen Bausünden der Vergangenheit umgeben. Diese Tatsache als baurechtlichen Grund für eine weitere Bausünde zu nennen, und damit das Bausünden-Areal zu komplettieren, entbehrt jeden städtebaulichen Gespürs.

 

Stau auf der Reuterstraße – Wir plädierten für den Bau eines schlanken Reutertunnels zwischen Botanischem Garten und Reuterbrücke  für den überregionalen Verkehr von und zur Autobahn im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu prüfen, um durch diese Unterführung die kreuzungsbedingten Staus an Hausdorffstraße, Bonner Talweg und Argelanderstraße zu vermeiden; denn diese Staus belasten täglich gerade die umliegenden Wohnbezirke. Ein schlanker Tunnel mit einer Röhre und je einer Spur in jede Richtung käme erheblich billiger als der in den 70er Jahren geplante doppelrohrige Tunnel in größerer Länge und aufwendiger bergmännischer Bauweise.

 

Veranstaltungsstätten-Konzept – Neben der Beethovenhalle sind auch die anderen städtischen Hallen und die Theater zu sanieren, obendrein das Stadthaus. Alle großen Fraktionen wollen alle Veranstaltungstätten erhalten, sanieren oder neu bauen. Um bei Veranstaltungsstätten und im Kulturetat zu sparen, plädierten wir als einzige dafür, die die Schauspielsparte zu schließen, die Godesberger Kammerspiele zu einem Godesberger Kultur- und Veranstaltungshaus umzubauen, die Stadthalle aufzugeben (schon bevor deren Baufälligkeit offenbar wurde) und dort das neue Godesberger Hallenbad verkehrsgünstig und citynah zu errichten. Das Grundstück des alten Kurfürstenbades könnte als Finanzierungsbeitrag verkauft oder verpachtet werden.

 

Flüchtlingsaufnahme – Bonn hat bereits überdurchschnittlich viele aus ihren Heimatländern Flüchtende aufgenommen. Bund und Land ersetzen die den Kommunen entstehenden Kosten für Flüchtingsaufnahme sehr unvollständig, so dass die Kommunen reichlich zuzahlen. Und Bonn hat auch einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Einwohnern mit Immigrationshintergrund. Andererseits hat Bonn keinen Überschuss an freien, unvermieteten Wohnungen. Vielmehr hat Bonn gleichzeitig hohe Schulden und große Haushaltsdefizite.
Wir lehnten es deshalb ab, dass die Stadt Bonn sich freiwillig um über das Soll hinausgehende Zuweisung von weiteren Flüchtenden bewirbt. Das erscheint uns auch deshalb nicht sinnvoll, weil dadurch nur noch viel mehr Menschen zur Flucht und Immigration ermuntert werden und sich dabei in Gefahr und Abhängigkeit von Schleppern begeben. Hilfe vor Ort nützt viel mehr Menschen.

 

Keine überregionale Klärschlammverbrennung auf dem Bonner Stadtgebiet

Bisher wird der Bonner Klärschlamm in einer Verbrennungsanlage am Salierweg verbrannt. Aufgrund veränderter Bundesgesetze ist deren Betreib aber nur noch befristet bis 2029 möglich.

Als ein Lösungsweg wurde der Bau einer neuen Klärschlammverbrennungsanlage auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage in Endenich von der Stadtverwaltung bevorzugt; Geplant war, dass in dieser Anlage mehr als das Vierfache des Bonner Klärschlamms verbrannt werden würde. Die entsprechend höheren schädlichen Emissionen durch die Verbrennung und der zusätzliche Verkehr von Klärschlammtransporten aus der Umgebung mit den Folgen für die Umwelt und die Verkehrsdichte auf dem Bonner Straßen wurden von Anfang an kritisch von der AfB durch Anfragen und Anträge hinterfragt und begleitet. Vor allem ist es dieser Aufklärungsarbeit der AfB in Ausschüssen, Bezirksvertretung und Rat zu verdanken, dass sich auch bei politischen Vertretern einiger anderer Fraktionen ein Umdenken einstellte.

Letztendlich hat der Rat – u.a. auch in Anlehnung an einen entsprechenden Antrag der AfB vom 4.9.2018 – entschieden, sich einem Kooperationsabkommen für die zukünftige Klärschlammentsorgung mit Abwasserentsorgern der Region an einem neuen Standort außerhalb von Bonn anzuschließen. Ob dieser Kooperationsvertrag zum Erfolg führen wird und Bonn seinen Klärschlamm in dieser neuen Anlage zukünftig entsorgen kann, ist aber noch nicht gesichert.

 

UND BONNER WENDE

Die Wähler wollten bei der Kommunalwahl klar kein „Weiter so“, sondern einen Wechsel. Die rot-grünen Fraktionen plädierten in der Vergangenheit stets für mehr sozialen Wohnungsbau, mehr ÖPNV, mehr Straßenraum für Busse und Radfahrer und weniger für private Kraftfahrzeuge sowie für mehr soziale Leistungen an vielen Stellen. Das kostet Geld. Einsparvorschläge hörten wir nicht. Mehr Schulden und höhere Steuern sind zu erwarten. Warten wir es ab – den Wahlgewinnern gebührt eine Chance.