Wohnungspolitik – zu ernst für Wahlkampfrhetorik

Von | 30. November 2014

Der Rat der Stadt Bonn diskutierte in seiner Sitzung am 13.11.2014 über einen Antrag zur Bekämpfung der „Wohnungsnot“ in Bonn. AfD-Fraktionsvorsitzender Hans Friedrich Rosendahl wies den Begriff „Wohnungsnot“ zurück und nahm zum Thema Bonner Wohnungsmarkt Stellung. Hier sein Beitrag in erweiterter Fassung:

Es ist verfehlt, in Bonn von „Wohnungsnot” zu sprechen. Solches Reden rückt die Stadt in ein schlechtes Licht und schadet dem Ansehen Bonns. Interessierte Zuzügler und Investoren werden abgeschreckt, wenn sie in Bonn ein Mietpreisniveau wie in Frankfurt oder München vermuten müssten. Bonn hat eine zu attraktive Nachbarschaft, um sich ein solch falsches Image leisten zu können.

Bedarf an bezahlbarem Wohnraum wird heute vielstimmig postuliert. Klar, wer wünscht sich nicht niedrige Kosten aller Art. Politiker zeigen sich als Kümmerer um die Sorgen ihrer potenziellen Wähler. Allerdings haben sie diese Sorgen, soweit sie berechtigt sind, nur leider allzu oft selbst wesentlich mit verursacht. So wird von interessierter Seite Propaganda betrieben, die dann aber Sach- und Subventionszwänge auf die Politik auslöst. Und Wohnungssubventionen sind eine teure Angelegenheit.

Wohnungsmarkt in Deutschland

Tatsächlich sind die Kalt-Mieten in Deutschland seit etwa 2000 weniger gestiegen als die Lebenshaltungskosten, ihr Anteil am verfügbaren Einkommen sank daher. Gleichzeitig steigt in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche. Auch die Wohnqualität und die Ansprüche steigen. All das ist kein Zeichen von Engpässen oder gar Wohnungsnot. Es beweist einen funktionierenden Wohnungsmarkt. Falsch wäre es, nur auf die Mieten in München und Frankfurt zu schauen und niedrige Mieten in anderen Regionen zu ignorieren. In Duisburg z.B. sind die Mieten niedriger, was ein notwendiger Standortvorteil für diese Stadt ist.

Wohnen in Bonn

Über die Situation am Wohnungsmarkt in Bonn kann man sich leicht anhand der Angebote im Internet ein Bild machen. Weit über 1000 Wohnungen werden in Bonn angeboten. Man findet über 400 Drei-Zimmer-Wohnungen mit mehr als 70 m² in Preisklassen ab sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Natürlich kann nicht jeder in der Südstadt wohnen und dabei Preise wir in Tannenbusch zahlen wollen. Gute Wohnungen in ordentlicher Wohnumgebung gibt es aber auch in vielen anderen Stadtteilen. Aus eigener Erfahrung in mehrjähriger Sozialarbeit weiß ich, dass auch Hartz IV-Empfänger, alleinstehende Mütter mit Kindern, Personen in schwierigen Verhältnissen in angemessen kurzer Zeit eine gute, neue Wohnung bekamen. Es bringt nichts, davon zu sprechen, in Bonn suchten 1500 Menschen eine Wohnung oder 3000 Suchende warteten auf eine Wohnung. Niemand muss hier auf der Straße liegen. Etwas Besseres für weniger Geld wollen viele.

In bestimmten Bereichen besteht in Bonn sicherlich Bedarf. Es wäre aber falsch, sich hier auf Prognosen über Zuzügler zu verlassen und auf Vorrat zu bauen. Die Statistik des Zensus hat schließlich ergeben, dass in Bonn ca. 15.000 Einwohner weniger wohnen als vorher „statistisch“ ausgewiesen, andererseits aber mehr als 6000 existierende Wohnungen in der Kommunalstatistik nicht erfasst waren. Der Zuzug an Firmen und Büros setzt sich auch nicht wie in der Vergangenheit fort. Hingegen ist abzusehen, dass immer mehr alte alleinstehende bzw. allein wohnende Menschen, die noch in Familienwohnungen wohnen, diese frei machen, wenn sie in ein Altersheim oder ganz von uns gehen.

Politische Ursachen für höhere Mieten

Dabei gab es auch politisch verursachte Faktoren, die das Wohnen in Bonn speziell teurer gemacht haben. So verkaufte Bonn Tausende seiner Sozialwohnungen an private Investoren. Dass diese bei dem von der Stadt gewünschten hohen Kaufpreis anschließend auf Rendite achten und gegebenenfalls nach Modernisierung Mieten erhöhten, war ja wohl politisch in Kauf genommen. Wenn der Stadt heute diese Wohnungen fehlen und sie Belegungsrechte für Sozialwohnungen zurückkaufen muss, steigen die städtischen Ausgaben. Wenn ältere Sozialwohnungen als nicht mehr gut genug abgerissen und neu gebaut werden, so muss man sich über höhere Mieten, die die Stadt bei Hartz IV-Empfängern und Wohngeld-Beziehern mitzufinanzieren hat, nicht wundern. In Neubauten sollen Wohnungen auch für Menschen mit Behinderung zugänglich sein, es werden in Anschaffung und Unterhalt teure Aufzüge eingebaut und die Kosten steigen. Schließlich: Die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer in Bonn um knapp 60 Prozent wirkt sich natürlich auch auf die Mietkosten bzw. Nebenkosten aus.

Über ein Problem wird in der wohnungspolitischen Diskussion bisher meist geschwiegen: Die Verringerung der Rechte der Vermieter hat dazu geführt, dass Wohnungen als Eigentumswohnungen verkauft werden. Ältere Vermieter lassen Wohnraum manches Mal lieber leer stehen als schlechte Erfahrungen, die sie machen mussten, evtl. zu wiederholen. Wenn Vermieter ihr Eigentum bei Auszug des Mieters in einem Zustand zurückerhalten, der erhebliche Instandsetzung erfordert, die der Ausziehende nicht leistet, dann führt das zu einer Negativrendite und letztlich zu verringertem Wohnungsangebot.

Das Problem des Bezahlens

Das Problem des bezahlbaren Wohnraums hat m.E. aber eine andere Ursache als Wohnungsknappheit – nämlich Einkommensschwäche. Im Bereich der mittleren und niedrigen Einkommen hatten die meisten in den letzten 15 Jahren keine nennenswerte reale Netto-Einkommenssteigerung. Viele Menschen finden nur Jobs im Niedriglohnsektor. Auch etablierte Firmen haben ihre Personalkosten durch Abbau von Leistungen gesenkt. Wir von der AfD führen die Wachstumsschwäche in Deutschland u.a. auf die Euro-Politik zurück. Es gibt natürlich auch gewichtige andere Ursachen dafür. Dies lässt sich nicht in der Bonner Kommunalpolitik lösen und auch nicht einfach durch mehr Subventionen ausgleichen.

HFR