Der Stadtrat stellt Weichen für Bonns Stadtbild

Von | 25. Juni 2015

Bahnhofsvorplatz gegen AfD und Viktoriakarree mit AfD beschlossen

- Aus der Ratssitzung vom 18. Juni

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https://www.youtube.com/watch?v=TRwApwduOdk

Kein Thema mehr: Das Festspielhaus

Bis wenige Tage vor der Ratssitzung hielten die meisten Politiker und Medien in Bonn das geplante Festspielhaus und die Stiftungsgründung für deren Betrieb für die wichtigste anstehende Entscheidung in Bonn. Nun ließ man das Großthema in der Ratssitzung am 18. Juni sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden, als wäre nichts gewesen. Die AfD hatte schon in der ersten Ratssitzung im September 2014 vorhergesagt, dass sich das Thema von selbst erledigen werde, denn ohne Geld kein Bau. Mit 35 Millionen Euro kann man keinen Bau von 85 Millionen finanzieren, erst recht kein Festspielhaus, das am Ende sicher 185, wenn nicht sogar 285 Millionen Euro kosten würde, wie alle Erfahrung zeigt und wie rechnende Unternehmen als Sponsoren es nicht ignorieren können.

Dies Beispiel zeigt, dass die führenden Bonner Politiker jahrelang einer Fehleinschätzung unterlagen, nämlich als realisierbar anzunehmen – und die Wähler damit in Atem zu halten -, was sich am Ende als unrealistisch erwies. Als erster Redner zum Thema Nordfeldbebauung hielt AfD-Fraktionsvorsitzender Hans Friedrich Rosendahl den Ratskollegen diese Fehleinschätzung vor als Warnung vor der anstehenden Fehlentscheidung zum Bahnhofsvorplatz. Er forderte eine Denkpause zur selbstkritischen Überprüfung der bisherigen Planungen und beantragte Verschiebung – vergeblich.

Bonns Bahnhofsvorplatz verkauft und verbaut

Die Entscheidung über die Bebauung des Bahnhofsnordfelds war die wichtigste Entscheidung, über die der Rat am 18. Juni zu beschließen hatte. Darauf hatte die AfD-Fraktion seit Monaten hingewiesen. Als konstruktiven Beitrag zur Diskussion hatte sie eine eigene, von einem Städtebauarchitekten und Verkehrsplaner entwickelte Idee für ein Gesamtkonzept für den Bahnhofsvorplatzbereich vorgelegt (s. separaten Bericht unten) und beworben. Eine Bebauung sah dieses Konzept nur für den nördlichen Parkplatzbereich und – als niedrige Pavillons – beim jetzigen Omnibusbahnhof vor.

Die jetzt beschlossene Bebauung des gesamten Nordfeldes lehnte die AfD aus städtebaulichen Gründen ab. Die Bonner Innenstadt sei wie eine Wohnung mit vielen Aufenthaltsräumen, den schönen Bonner Plätzen. Am Bahnhof müsse ein Eingangsplatz zur City entstehen. Auch sei mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV notwendig. Die Möglichkeiten dafür würden nun dauerhaft verbaut. Angesichts der geplanten Schaffung neuer Geschäftsflächen im Viktoriakarree einerseits sowie der Verlagerung von Käufen ins Internet andererseits sollte Bonn zur Vermeidung künftiger Leerstände nicht auch noch hier weitere Verkaufsflächen planen.

Absolut lehnt die AfD den Verkauf von städtischen Filet-Grundstücken in städtebaulicher Schlüssellage ab. Allenfalls könnten die Grundstücke auf 30 bis 50 Jahre in Erbbaupacht vergeben werden. Man solle nicht den Fehler wiederholen, den man mit dem Südfeld gemacht habe, welches man heute gerne wieder in städtischer Hand hätte und dessen Fortentwicklung durch die privaten Eigentumsverhältnisse behindert werde.

Es gehe auch nicht an, städtisches Tafelsilber heute zu versilbern, und damit künftigen Generationen die Verfügungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu entziehen. Auch die aktuelle Finanznot der Stadt, deren Entstehen die meisten Ratsmitglieder in den vorausgegangen Jahren mit zu verantworten hatten, erlaube es nicht, nachhaltigen Handlungsspielraum der Stadt aufzugeben.

Die AfD-Fraktion hatte daher beantragt die Nordfeld-Bebauung zu vertagen und namentlich abzustimmen. Beides lehnten CDU, SPD und FDP ab.

„Urban Soul“ – größer als der Plan erlaubt

Eine bemerkenswerte Uninformiertheit offenbarte sich, als der Rat dem Entwurf „Urban Soul“ den Zuschlag geben wollte! Erst unmittelbar vor der Abstimmung erfuhr der Rat auf Befragen von Stadtbaurat Wingenfeld, dass dieses Projekt die vorgegebenen Bebauungsgrenzen an einer Ecke um 2,5 m und an anderer um 4 m überschreitet, die geplante trichterförmige Öffnung der Poststraße zum Bahnhof hin also weiter einschränkt. Die „Experten“ und Befürworter hatten das über Monate hinweg nicht gemerkt! Sie hatten sogar den Entwurf „Cassiustor“ unter städtebaulichen Gesichtspunkten in der von der Jury vorgenommenen Wertung zurückgestuft, damit „Urban Soul“ vorne lag. Viele Ratsmitglieder waren sichtlich irritiert über die ihnen neue, aber seit Monaten erhältliche Information!Viele Grüne zogen entgegen Koalitionsverabredung daraufhin ihre Zustimmung zurück, aber CDU, SPD und FDP hielten ihrem Projekt unbeirrt die Treue.

Die AfD hält die Bebauung des Nordfeldes, den gewählten Entwurf, die Zementierung der Verkehrsengpässe sowie den Grundstücksverkauf für eine Fehlentscheidung ersten Ranges!

Zweite Entscheidung: Viktoriakarree

Die zweite wichtige Entscheidung für die weitere Entwicklung der Bonner Innenstadt betraf das Viktoriakarree. Den Projektzuschlag erhielt „Signa“.

Diese Entscheidung war weniger problematisch. Das Karree ist bereits bebaut, die Bebauung ist stark verbesserungsfähig. Das aufgelassene Viktoriabad ist anderen Verwendungen zuzuführen und die Uni braucht auch aus Brandschutzgründen dringend eine neue und nahe Bibliothek. Viel Auswahl durch viele Bieter gab es nicht, nur zwei Unternehmen hatten einen Plan vorgelegt. Vom Grundkonzept her stimmte auch die AfD-Fraktion dem Signa-Entwurf zu. Im Bebauungsplanverfahren bleibt der Stadt noch ein gewisser Einfluss auf Gestaltungsmöglichkeiten, die auf das gewachsene Stadtbild, konkret das Schloss/Universitätshauptgebäude Rücksicht nehmen.

Einmütigkeit bei der Viktoriabrücke

Eine spürbare Verbesserung der Verkehrslage im Bereich Bornheimerstraße-Viktoriabrücke ist zu erwarten, wenn die erneuerte Viktoriabrücke künftig eine Ab- und Auffahrt zur Rabinstraße in Richtung Innenstadt erhält. Dabei gab der Rat einmütig dem gefälligeren Entwurf der Architekten Kolb Ripke den Vorzug, auch wenn die veranschlagten Kosten unwesentlich höher sind als bei einem Alternativentwurf.

HFR