Soziale Brennpunkte – Evaluierung Abschaffung Fehlbelegungsabgabe

Von | 11. Mai 2016

Große Anfrage an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeitsförderung und den Ausschuss für Soziales, Migration, Gesundheit und Wohnen

Inwiefern hat die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe“ (seit 2006)ihr Ziel erreicht, die Sozialstrukturen in problematischen Stadtvierteln zu stabilisieren? Wie haben sich seitdem zentrale soziale Indikatoren (Arbeitslosenquote, Bezieher von Leistungen nach XII/Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund) in den Stadtteilen Medinghoven, Dransdorf, Neu-Tannenbusch und Auerberg entwickelt? Wie groß war dort im Jahr 2005 der Anteil und Zahl der Mieter (bzw. Wohnungen), die die „Fehlbelegungsabgabe“ zahlen mussten?
Wie groß wäre dort heute der Anteil und Zahl der Mieter, die diese Abgabe zu zahlen hätten, wenn diese noch erhoben werden würde? Wie hoch waren die Einnahmen aus dieser Abgabe vor ihrer Abschaffung? Mit welchen Einnahmen wäre heute zu rechnen?

Begründung

Bis zum Jahr 2006 wurden in Bonn die sog. „Fehlbelegungsabgabe“ von Mietern erhoben, deren Einkommen die für den Sozialwohnungsbezug festgelegten Grenzen überschritten. Mit dem Fehlbelegungsrechtsänderungsgesetzes“ des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17.05.2006 ist diese Abgabe entfallen. Sie wurde abgeschafft, um Fehlanreize für besser situierte Mieter zum Wegzug aus „Problemvierteln“ abzubauen. In Bonn war die Abschaffung dieser Abgabe schon im Jahr 2000 gefordert worden, um nach dem Umzug von Bundesdienststellen nach Berlin die Bildung sozialer Brennpunkte in den Wohngebieten Medinghoven, Neu-Tannenbusch, Auerberg und Holzlar im Zuge des Strukturwandels zu vermeiden (Drucksachen-Nr.0010648). Es ist bekannt, dass dieses Ziel in den genannten Stadtbezirken nicht durchgängig überall erreicht werden konnte. Rund zehn Jahre nach der Abschaffung der „Fehlbelegungsabgabe“

Stellungnahme der Verwaltung vom 31.05.16 (Drucksachen-Nr. 1611509ST2)

Statistische Daten aus der Zeit der Erhebung der Fehlbelegerabgabe stehen nicht mehr zur Verfügung, sodass die Verwaltung die Große Anfrage nur teilweise beantworten kann.

Aus dem vorgenanntem Grund können keine Angaben zur Zahl der Fehlbelegungsfälle im Jahr 2005 und zur Höhe der seinerzeit erzielten Fehlbelegungsabgabe gemacht werden. Darüber hinaus ist nicht bekannt, wie viele Haushalte heute in mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen leben und Fehlbelegerabgabe zu zahlen hätten, wenn sie noch erhoben würde; daher sind auch keine Angaben zu einer evtl. Einnahmenhöhe möglich.

Die Zahl der mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen hat insgesamt seit 2005 erheblich abgenommen, da mehr Wohnungen aus den Bindungen gefallen sind als neu gefördert wurden. Dies ist auch für die Bezirke Neu-Tannenbusch, Auerberg, Dransdorf und Medinghoven anzunehmen. Genaue Zahlen hierzu können jedoch nicht geliefert werden, da die Wohnungsverwaltung seit 2014 eine neue Software verwendet, die den Zugriff auf „alte Daten“ nicht ermöglicht. Zum 31.12.2015 betrug der Bestand in Neu-Tannenbusch 967, in Auerberg 1.213, in Dransdorf 756 und in Medinghoven 174 mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen.

Die Arbeitslosenquote wie auch die Anzahl der Transferleistungsempfänger und Transferleistungsempfängerinnen hat sich in den genannten Stadtbezirken unterschiedlich entwickelt; der Zuwandereranteil dagegen nahezu gleich (außer in Medinghoven). Die Entwicklung der sozialen Indikatoren ist in den nachfolgenden Tabellen, die durch die Statistikstelle der Bundesstadt Bonn zur Verfügung gestellt wurden, dargestellt.

Arbeitslosenquote 1 in %
31.12.200931.12.201231.12.2015
132 Neu-Tannenbusch15,215,2 19,1
134 Auerberg 12,6 12,6 12,1
136 Dransdorf 18,2 18,2 16,6
493 Medinghoven 17,517,8 19,5

Zuwandereranteil in % Anzahl d. Wohnungen
31.12.2005 31.12.2010 31.12.2015 31.12.2011 31.12.2015
132 Neu-Tannenbusch53,6 56,2 59,6 4211 4638
133 Auerberg 38,4 41,7 44,6 4331 4642
136 Dransdorf 30,4 33,6 36 2013 2123
493 Medinghoven 38,1 44,5 52 1698 1707

Mit dem Stichtag 31.12.2015 wurde die Bezugsbasis der Einwohnerstatistik von ‚Wohnberechtigte‘ (Haupt- und Nebenwohnsitzler) zu ‚Hauptwohnsitzbevölkerung‘ geändert. Dadurch kann es auch bei Anteilswerten zu leichten Verschiebungen kommen.

Begriffsdefinitionen:
Arbeitslosenquote 1: Arbeitslosenquote auf der Basis aller zivilen Erwerbspersonen in Prozent
Anteil SGB II-Leistungsempfänger: Leistungsempfänger je 1000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter (Altersgruppe 15 bis 64 Jahre. (Aufgrund geänderter Bezugsbasis ist ein Vergleich zu Statistiken vor 2009 nicht möglich))

Zuwandereranteil: Anteil der Ausländer und Doppelstaatler. Der Begriff ‚Zuwanderer‘ ist nicht mit dem Begriff ‚Migrationshintergrund‘ gleichzusetzen.