Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Erdbeeren

Von | 24. Februar 2016

Welche Ergebnisse erbrachten die Untersuchungen von Erdbeerproben aus Bonn im Jahr 2015 hinsichtlich von Pestizidrückständen? Welche spezifischen Pflanzenschutzmittel wurden festgestellt? Wie hoch waren die jeweiligen Konzentrationen?

Große Anfrage an den Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz

Welche Ergebnisse erbrachten die Untersuchungen von Erdbeerproben aus Bonn im Jahr 2015 hinsichtlich von Pestizidrückständen? Welche spezifischen Pflanzenschutzmittel wurden festgestellt? Wie hoch waren die jeweiligen Konzentrationen?

Aus Bonn wurden dem CVUA nur 4 Proben zur Untersuchung eingereicht. Hält die Verwaltung den Schutz der Bevölkerung angesichts der gesundheitlichen Risiken der Bevölkerung durch Pestizide für ausreichend bei einer derart niedrigen Stichprobenzahl?

Wurden 2015 gezielt Erdbeerproben von den Erzeugern kontrolliert, deren Erdbeeren bereits 2014 durch zahlreiche Wirkstoffe auffällig gewesen waren?

Solange die Grenzwerte nicht überschritten werden, werden die Produzenten nicht informiert, auch wenn deren Erzeugnisse besonders hohe bzw. viele Pflanzenschutzmittel enthalten. Eine schriftliche Benachrichtigung zusammen mit einem Begleitschreiben, das zur Reduktion der Pestizidanwendung anregt, wäre im Sinne des Verbraucherschutzes wünschenswert. Welche Meinung vertritt die Verwaltung zu einer derartigen Maßnahme?

Begründung

Zu Frage 1)

Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Rheinland haben im Jahr 2014 ergeben, dass einige Erdbeerproben von in NRW ansässigen Erzeugern eine höhere Anzahl verschiedener Pflanzenschutzmitteln (insbesondere Fungizide) und einige davon in höherer Konzentration hatten als z. B. die spanischen Erdbeeren. Im Mittel wurden auf deutschen Erdbeeren 4 Wirkstoffe festgestellt, auf spanischen nur zwei oder weniger. Eine Probe aus Deutschland (Herkunft wird nicht genannt) enthielt sogar 9 verschiedene Pflanzenschutzmittel.

Im Jahr 2015 konnten bei etwa der Hälfte der 45 amtlich entnommenen Proben Erdbeeren mit deutscher Herkunft Mehrfachrückstände mit 5 bis 9 verschiedenen Wirkstoffen festgestellt werden. Nur 9 % der Proben waren frei von Pestiziden. Bei den 39 Proben mit spanischer Herkunft waren 13 % der Proben mit 5 bis 9 verschiedenen Pestizid-Wirkstoffen belastet, 23 % waren frei von Pestiziden.

Keine der 190 Erdbeerproben, die 2014 und 2015 auf Pestizid-Rückstände untersucht wurden, musste aufgrund ihrer Pestizidbelastung beanstandet werden. Die europäisch festgelegten Rückstandshöchstgehalte wurden nach Angaben des CVUA in allen untersuchten Proben eingehalten.

Zu Frage 3)

Die sehr allgemein gehaltenen Informationen stammen vom CVUA. Genauere Angaben über Art und Konzentration der Pestizide/Insektizide/Fungizide erhält jedoch nur das Lebensmitteluntersuchungsamt der Stadt Bonn, das auch die Proben entnimmt und an das CVUA weiterreicht. Da besonders die Erdbeeren in den letzten Jahren auffällig geworden sind, sollten die Ergebnisse diesbezüglich dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz zugänglich gemacht werden.

Zu Frage 4)

Die zulässigen Grenzwerte, die die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegt hat, wurden nach Angaben des CVUA bei allen Proben, also auch denen aus Bonn, zwar nicht überschritten, jedoch halten zahlreiche Experten die Grenzwerte generell für zu hoch (1). Sie kritisieren auch, dass auf Betreiben der Hersteller häufig die Höchstmengenverordnung verändert würde (2). Dass dabei wirtschaftliche und nicht gesundheitliche Aspekte ausschlaggebend sind, ist naheliegend.

Daher sollte es im Sinne des Verbraucherschutzes erstrebenswert sein, dass auf die regionalen Erzeuger eingewirkt wird, weniger Pflanzenschutzmittel einzusetzen.

(1) Bericht im Auftrag von Greenpeace e.V. Autor: Lars Neumeister, Pestizidexperte Greenpeace e.V., Korrigierte Fassung vom 30. August 2013

„Mit dem Inkrafttreten der Verordnung 396/2005/EG am 1. September 2008 wurden europaweit Höchstgehalte für Pestizidrückstände in Lebensmitteln harmonisiert. Greenpeace Deutschland und die österreichische Umweltorganisation Global 2000 zeigten, dass viele dieser harmonisierten Höchstgehalte keinen Schutz vor möglichen Gesundheitsgefährdungen, insbesondere für Kinder bieten (Neumeister 2008). Die Berechnungen, die im Jahr 2008 durchgeführt wurden (Neumeister 2008) ergaben, dass bei über 570 der von der EU erlassenen Höchstgehalte die Akute Referenzdosis (ARfD1 ) für Kinder zum Teil massiv überschritten wird, wenn die erlaubte Höchstgehalte zu 100% ausgeschöpft werden. Gemessen an den eigenen Maßstäben der EU-Kommission wurden diese Höchstmengen als „unsicher“ eingestuft.“

(2) Der Pestizidexperte Lars Neumeister, der auch Verbraucherzentralen zu Fragen bezüglich der Pflanzenschutzmittelrückstände berät, erklärt in der Sendung „betrifft“ vom SWR am 18.11.15 und auch bei Phönix in einer Sendung vom 16.2.16, dass nach festgestellten Überschreitungen oft die Höchstmengen angehoben werden:

„Häufig ist es so, dass die Behörden in dem Fall einen Antrag vom Hersteller dieser Pestizide bekommen und dann werden die Höchstmengen angehoben. Und nächstes Jahr hat man keine Höchstmengenüberschreitungen mehr und man hat keinen Ärger.“

Stellungnahme der Verwaltung vom 17.03.2016(Drucksachen-Nr. 1610660ST2)

Zu Frage 1:

Im Jahr 2015 wurden in Bonner Einzelhandelsgeschäften 4 Proben von Erdbeeren entnommen und vom CVUA Rheinland untersucht. Bei allen Proben handelte es sich um sog. Früherdbeeren, die aus Spanien kamen. Bei drei der entnommenen Proben wurden Rückstände von Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln nachgewiesen. Dabei handelte es sich um folgende Wirkstoffe:

Probe: Wirkstoff nachgewiesener Wert Höchstgehalt
Nr. 1
Nr. 2 Dimethomorph 0,021 mg/kg 0,7 mg/kg
Penconazol 0,099 mg/kg 0,5 mg/kg
Spinosad 0,032 mg/kg 0,3 mg/kg
Nr. 3 Clofentezin 0,10 mg/kg 2,0 mg/kg
Fenpyroximat 0,057 mg/kg 1,0 mg/kg
Nr. 4 Trifloxystrobin 0,037 mg/kg 1,0 mg/kg

Alle diese nachgewiesenen Werte liegen unterhalb der gesetzlichen Höchstgehalte, sodass es nicht zu diesbezüglichen Beanstandungen kam.

Zu Frage 2:

Die im Jahr 2015 aus Bonn zur Untersuchung eingereichten 4 Erdbeerproben wurden im Rahmen eines landesweiten Monitorings entnommen und auf rund 270 verschiedene Wirkstoffe durch das CVUA Rheinland untersucht.

Mit den Proben sollte eine bestimmte Warengruppe, nämlich Früherdbeeren, gezielt erfasst werden. Die Verwaltung hält eine Anzahl von 4 Proben aus Bonn für diese spezifische Warengruppe für ausreichend, da bei der Entnahme von weiteren Proben es sehr wahrscheinlich gewesen wäre, immer wieder Proben von demselben Importeur zu entnehmen. Hier wäre es zu Redundanzen gekommen, die einer risikoorientierten Vorgehensweise nicht entsprechen. Ziel des landesweiten Monitorings ist es, flächendeckend die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu beobachten. Probenahmen beruhen immer auf Stichproben und können nicht 100% des Angebotes abbilden.

Zu Frage 3:

Im Jahr 2014 wurden ebenfalls 4 Proben zur Untersuchung von Erdbeeren entnommen. Bei allen Proben handelte es sich um Erdbeeren aus Deutschland. Entnahmeorte waren zwei Supermärkte, ein Großhändler und ein Erzeuger aus Bonn. Eine Probe wurde nicht auf das Vorhandensein von Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln untersucht. Hier standen andere Untersuchungsziele im Vordergrund. Bei den verbleibenden drei untersuchten Proben wurden Rückstände von Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln nachgewiesen. Folgende Wirkstoffe wurden nachgewiesen:

Probe: Wirkstoff nachgewiesener Wert Höchstgehalt
Nr. 1 Cyprodinil 0,21 mg/kg 5,0 mg/kg
Fenhexamid 0,082 mg/kg 10,0 mg/kg
Fludioxonil 0,18 mg/kg 4,0 mg/kg
Nr. 2
Nr. 3 Avermectin B 1a 0,030 mg/kg 0,1 mg/kg
Nr. 4 Cyprodinil 0,064 mg/kg 5,0 mg/kg
Fludioxonil 0,024 mg/kg 4,0 mg/kg

Alle Proben blieben hinsichtlich der Überschreitung von gesetzlichen Höchstgehalten ohne Beanstandung.

Zu Frage 4:

Die Erzeuger bzw. die Inverkehrbringer von Lebensmitteln werden grundsätzlich nur dann informiert, wenn es bei den untersuchten Proben zu Beanstandungen gekommen ist. Nur dann haben die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden eine Handhabe, weitergehende Maßnahmen im Sinne des Verbraucherschutzes und der Ahndung zu ergreifen. Da in den Jahren 2014 und 2015 keine Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstgehalte an Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln in den untersuchten Erdbeeren festgestellt worden sind, sind diese Proben nicht beanstandet worden und somit sind keine weiteren Maßnahmen eingeleitet worden. Es ist nicht anzunehmen, dass eine schriftliche Benachrichtigung des Erzeugers bzw. Importeurs zusammen mit einem Begleitschreiben, das ihn zur Reduktion der Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln anregt, eine Wirkung im Sinne des Verbraucherschutzes hat, solange er sich hinsichtlich der Höchstgehalte für diese Mittel im gesetzlichen Rahmen bewegt. Ob die zulässigen Höchstgehalte von Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln im Sinne des Verbraucherschutzes weiter herab gesenkt werden sollten, müsste auf wissenschaftlicher Basis dargelegt und auf EU-Ebene politisch entschieden werden.